Klare Positionen zu Clean Hydrogen.

10 Leitthesen zum „Markthochlauf mit THG-neutralem Wasserstoff“.

Wir wissen, dass die gesetzlich verankerten Klimaziele die deutsche Industrie sowie die kommunalen Versorger vor große Herausforderungen stellen. Genauso wissen wir um die Notwendigkeit der Beschleunigung für Genehmigungsverfahren sowie um die erforderliche Harmonisierung regulatorischer Grundlagen auf staatlicher und EU-weiter Ebene.

Vor diesem Hintergrund erarbeiten wir im Austausch mit Verantwortungsträgern in der Politik und der Wissenschaft konkrete Lösungsansätze, um über erste Innovationsprojekte und Reallabore hinaus geeignete Rahmenbedingungen für einen raschen Markthochlauf für Wasserstoff im industriellen Maßstab zu ermöglichen.

Zugleich unterstützen wir Forschung, Industrie und kommunale Akteure darin, in der gegenwärtigen Frühphase des Markthochlaufs von den verfügbaren Fördermitteln etwa im Rahmen der Nationalen Wasserstoffstrategie Deutschlands oder des IPCEI-Programms der Europäischen Union zu profitieren.

1.

1. Eine THG-neutrale Volkswirtschaft wird es ohne Wasserstoff nicht geben.

Neben Elektronen werden zukünftig auch Moleküle zu einer treibhausgasneutralen (THG neutralen) Energieversorgung in Deutschland benötigt. Dabei müssen die Treibhausgasemissionen so schnell sinken, wie möglich. Neben dem – vorrangig – direkten Einsatz von grünem, THG-neutralem Strom bietet THG-neutraler Wasserstoff die Möglichkeit, Teile der Volkswirtschaft zu transformieren, wenn und soweit dies durch grünen Strom nicht oder nur mit unverhältnismäßigem, zumindest aber größerem Aufwand möglich ist.

2.

2. Die Transformation braucht tatsächlich THG-neutralen Wasserstoff.

Ziel muss es sein, Wasserstoff letztlich komplett treibhausgasneutral herzustellen. Denn nur so kann er die zu erwartende Rolle in der Transformation zu einer klimaneutralen Volkswirtschaft ausfüllen. THG-neutral wird aktuell zumeist mit „grün“ gleichgesetzt. Und tatsächlich deutet viel darauf hin, dass THG-neutraler Wasserstoff langfristig „grün“ sein wird. Wasserstoff ist „grün“, wenn er aus erneuerbarem Strom per Wasserelektrolyse hergestellt wird, meistens aus Wind-, Solar- oder Wasserkraft.

Auch Anlagen zur thermischen Verwertung von Abfällen tragen zur Erzeugung von „grünem“ Strom bei. In der Folge ist „grüner“ Wasserstoff – etwa mit Blick auf die Herstellung der Stromerzeugungsanlage oder sonstige Umstände der Stromerzeugung – nicht notwendig treibhausgasneutral erzeugt worden und daher nicht immer klimaneutral. Eine differenzierte Betrachtung, die sich nicht allein auf CO2-Emissionen bei der Erzeugung des Wasserstoffs bezieht, ist daher von entscheidender Bedeutung für das oberste Ziel: Das Abbremsen des Klimawandels.

3.

3. THG-Neutralität heißt: Keine zusätzlichen Emissionen auf der gesamten Erzeugungskette.

Beim Tracking der THG-Emissionen ist grundsätzlich der gesamte Lebenszyklus vom Produktionsprozess einschließlich seiner Vorprodukte bis zur Entsorgung der Stromproduktionsanlagen einzubeziehen. Dies umfasst auch die THG-Emissionen, die bei der Herstellung seiner Vorprodukte erfolgten, ebenso wie bei der Exploration und beim Transport etwa von Erdgas. Auch weitere Prozessschritte, wie Umwandlung, Speicherung und anschließende Anwendungen des Wasserstoffs oder des jeweiligen Trägermaterials spielen hierbei eine zentrale Rolle.

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4. Die Brücke zur THG-Neutralität hat viele Farben.

Neben der rein „grünen“ Erzeugung bestehen weitere Möglichkeiten, Wasserstoff tatsächlich THG-neutral oder nahezu THG-neutral zu erzeugen. Ausgangspunkt für die THG-Bewertung von Wasserstoff der unterschiedlichen Farben und Qualitäten ist für uns eine Frage der Technologieoffenheit.

Soweit nachweisbar ist, dass die Herstellung von blauem oder türkisen Wasserstoff mit THG-Emissionen einhergeht, die einer schnellen und nachhaltigen Transformation der Volkswirtschaft nicht entgegenstehen, sondern dieser nützen, stellen diese Technologien zumindest „Brücken in die transformierte Welt“ dar. Dabei sind unerwünschte Lock In-Effekte zu vermeiden und letztlich das langfristige Transformationsziel die Richtschnur des Handelns. Auch diese Brückentechnologien von heute müssen sich selbstverständlich auf absehbare Zeit in Richtung THG-Neutralität wandeln.

5.

5. THG-neutraler Wasserstoff braucht globale Kooperationen und Handelswege.

Die in Deutschland benötigten Wasserstoffmengen werden nicht allein national erzeugt werden können. Deshalb ist schon heute der Import von Wasserstoff vorzubereiten und, soweit möglich, auch die Erzeugung von THG-neutralem Wasserstoff und seinen Derivaten wie synthetische Gase und E-Kerosin.

Die Verwendung solcher Derivate darf allerdings nicht dazu führen, dass Brückentechnologien länger als notwendig eingesetzt werden. Für den Import können Erzeugerregionen, die mit unserer Verbrauchsregion über Pipelines verbunden sind, interessantere – weil kostengünstigere – Standorte darstellen als Lieferregionen ohne Leitungsanbindung, aus denen die PtX-Brenn- und Kraftstoffe per Schiff angeliefert werden müssen

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6. Nachhaltiger Klimaschutz integriert soziale und ökologische Aspekte.

Grüner Wasserstoff ist systemdienlich, wenn für seine Herstellung in Deutschland oder Europa kein zusätzlicher Stromnetzausbau erfolgen muss. Damit sich die Verwendung des grünen Stroms zur Wasserstofferzeugung nachhaltig in die Stromversorgung einfügt, sollte das Abnahmevolumen mit der Verfügbarkeit regenerativer Energien in heimischen Netzen korrelieren.

Die Erzeugung von Wasserstoff erfordert vergleichsweise große Mengen von Wasser. Daher sind beispielsweise Wassernutzungskonkurrenzen zu beachten – insbesondere in Herkunftsländern mit knappen Trinkwasserressourcen. In der Konsequenz muss eine nachhaltige Wasserstoffwirtschaft auch die sozialen und ökologischen Auswirkungen von Erzeugung und Transport berücksichtigen, gemäß der 17 Nachhaltigkeitsziele (SGDs) der United Nations. Zu den Nachhaltigkeitsanforderungen zählen der rücksichtsvolle Umgang mit Wasserressourcen, der Erhalt von Primärwäldern und der Schutz weiterer schutzbedürftiger Naturressourcen.

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7. THG-neutraler Wasserstoff muss eindeutig gekennzeichnet sein.

Eng verbunden mit dem Tracking der Emissionen ist die Kennzeichnung des Wasserstoffs und seiner spezifischen Eigenschaften – grün, CO2-neutral, THG-neutral, sozial und ökologisch nachhaltig. Hier wird ein zumindest EU-einheitlicher, möglichst internationaler Standard zur Klassifizierung, und darauf aufbauend zur Zertifizierung, erforderlich sein. Denn THG-neutraler Wasserstoff und seine Derivate werden voraussichtlich schnell auf einem Weltmarkt gehandelt werden, wie andere Rohstoffe auch. Dabei ist die Art der Herstellung – als einer von mehreren relevanten Faktoren im gesamten Lebenszyklus – am Produkt selbst nicht mehr zu erkennen.

8.

8. Die Farbe macht den Wasserstoff zu einem Produkt auf Handelsplätzen.

Die Preisbildung für Wasserstoff soll im Markt erfolgen. Dabei wird ein Börsenhandel des Wasserstoffs als Rohstoff ein wesentliches Marktinstrument zur Preisbildung und zum Ausgleich von Angebot und Nachfrage darstellen. Bestimmte Eigenschaften von Wasserstoff, die sich zum Beispiel durch seine Erzeugung ergeben (grün, CO2-neutral oder anders), können Gegenstand von getrennten Handelsgeschäften sein, besonders um im Markthochlauf auch bei erst anwachsendem Marktvolumen einen umfassenden Handel u.a. auch mit Forward- Produkten zu ermöglichen. Deshalb muss es internationale Standards und Zertifizierungen für nachhaltigen und bestenfalls grünen Wasserstoff geben.

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9. Der CO2-Preis bestimmt die Wirtschaftlichkeit von THG-neutralem Wasserstoff.

Bei der Gestaltung des regulatorischen Rahmens ist es erforderlich, dass strompreisbezogene Kosten (Umlagen und Steuern) zeitnah ihren Einfluss auf den Preis für THG-neutralen Wasserstoff verlieren. Dagegen ist ein steigender CO2-Preis das „natürliche“ Förderinstrument für THG-neutralen Wasserstoff und wird also von entscheidendem Einfluss auf die Preisentwicklung von Wasserstoff und seiner konkurrierenden Energieträger, wie insbesondere des fossilen Erdgases, sein.

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10. Klimaschutz heißt auch: Infrastruktur für Wasserstoff schaffen.

Ein erfolgreicher Markthochlauf für Wasserstoff setzt mittelfristig eine umfassende und leistungsfähige Leitungsinfrastruktur voraus, über die europaweit und darüber hinaus Erzeuger und Abnehmer von Wasserstoff auch physisch miteinander verbunden werden. Bisher existieren allenfalls vereinzelte Wasserstoffnetze auf lokaler oder regionaler Ebene. Die Neuerrichtung einer solchen europäischen ggf. gar globalen Infrastruktur wäre teuer und würde vor dem Hintergrund des geltenden Planungsrechts regelmäßig bis zu zehn Jahre und darüber hinaus dauern. Drei Forderungen leiten sich daraus ab:

(1.) Die regulatorischen Grundlagen müssen auf Ebene der EU wie der Mitgliedsstaaten harmonisiert werden. Dabei muss auch die globale Verknüpfung berücksichtigt sein.
(2.) Die Umnutzung von Teilen der bestehenden Leitungsinfrastruktur für Erdgas ist eine naheliegende Alternative zum Netzneubau. Damit diese Transformation in der Fläche rechtzeitig gelingen kann, sollten – ausgehend von der Europäischen Ebene – europaweit einheitliche regulatorische Rahmenbedingungen geschaffen werden. Im Kern sollte dabei, ausgehend von einem gegenüber dem Status Quo erweiterten, einheitlichen Gasbegriff, eine gemeinsame Regulierung und Finanzierung von Erdgas- und Wasserstoffnetzen stehen. Dies erlaubt es integrierten „Kombi-Netzbetreibern“, die notwendigen Investitionen für die Umrüstung ihrer Infrastrukturen über die Netzentgelte zu finanzieren.
(3.) Genehmigungsverfahren für Energieinfrastrukturen müssen schnell deutlich vereinfacht und beschleunigt werden, damit der Ausbau zum Erreichen der zeitlich drängenden Klimaziele möglich ist.

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